«Ich frage auch mal nach Lebensträumen»

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Executive-Search-Spezialist Thomas Biland erklärt im Gespräch mit Susanne Wagner der Handelszeitung, wie er in seinen Interviews die Kandidaten überprüft.

Welche Eigenschaften muss ein potenzieller Kandidat, eine potenzielle Kandidatin mitbringen, damit er oder sie in den Fokus von Executive-Search-Spezialisten wie Ihnen kommt?

Thomas A. Biland: Wir gehen von einem Profil aus, das bestimmte Kompetenzen verlangt. Wenn Sie über diese Kompetenzen verfügen, in einer passenden Firma, einer passenden Funktion und einem bestimmten Fachgebiet tätig sind, die Sie durch Projekte ausgewiesen haben, kommen Sie zwangsläufig auf diesen Radar.

Was sind die wichtigsten Kompetenzen?

Die generellen Kompetenzen betreffen Führung und Kommunikation, dazu gehören auch soziale Medien und internationale Erfahrung. Diese Kompetenzen werden immer mit dem Faktor der eigenen Persönlichkeit ergänzt. Es gibt Fälle, in denen das CV passt, aber die Persönlichkeit nicht.

Wie?

Zu den persönlichen Kompetenzen gehört die Integrität einer Person; wir reden sehr oft von geerdeten und anpackenden Persönlichkeiten und einer gewissen Bescheidenheit. Diese Werte sind in den Vordergrund gerückt in den letzten Jahren.

Wie haben sich diese Anforderungen an die Kandidaten in den letzten Jahren grundsätzlich verändert?

Die digitale Kompetenz gewinnt zunehmend an Bedeutung. Viele Firmen fragen nach Leuten, die bei digitalen Transformationen mitgewirkt haben.

Was müssen Führungskräfte mitbringen?

Wirkliche Führungskompetenz – nicht einfach Befehle erteilen. Der Narzisst, der sich in den Mittelpunkt stellt, wird heute von den Mitarbeitenden nicht akzeptiert. Vielmehr suchen die Leute nach Inhalt und einem Umfeld, mit dem sie sich identifizieren, in dem sie etwas bewirken.

Was macht eine schlechte Führungskraft aus?

Wenn sich ein Vorgesetzter zu sehr in den Mittelpunkt stellt, zu viel Einfluss nehmen will, den Mitarbeitenden zu sehr auf die Finger schaut und ihnen vorschreibt, wie sie ihre Arbeit zu erledigen haben – das nennt man Mikromanagement. Viele Führungskräfte sind unsicher geworden, weil sie Angst um ihre Position haben. Sie versuchen, dies mit Kontrolle zu überbrücken, anstatt den Mitarbeitenden mehr Verantwortung und Freiräume zu geben. Die Situation in den KMU ist in dieser Hinsicht jedoch besser als in Grossunternehmen.

Was würden Sie jemandem raten, der ein guter Chef werden will?

Möglichst früh Führungsverantwortung übernehmen – auch in multikulturellen Umfeldern. Das kann auch schon in der Jugend bei den Pfadfindern sein. Mit kleinen Schritten kann man wachsen und stolpern, ohne dass es grosse Konsequenzen hat. Viele junge Berufsleute sind intellektuell getrieben, suchen nach interessanten Aufgaben, beispielsweise in der Beratung, aber sie schaffen es nicht, in Führungspositionen zu kommen. Dann, mit 35 oder 40, realisieren sie, dass ihnen diese Erfahrung fehlt.

Welche Art von Positionen besetzt Ihre Firma am häufigsten?

Verwaltungsräte, Führungskräfte und strategische Spezialisten sind Funktionen, die schwierig zu finden sind. Der Markt ist sehr ausgetrocknet und nicht immer finden wir die Kandidaten in der Schweiz. Die guten Leute sind oft nicht wechselfreudig. Früher hatten Generalisten eine Chance, aber im Moment haben sie eher schlechte Karten auf dem Arbeitsmarkt. Viele Unternehmen hätten gerne eine Person, die an einem anderen Ort genau denselben Job bereits gemacht hat. Dies erschwert die Suche. Nicht immer ist die Offenheit da, Quereinsteiger oder branchenfremde Leute einzustellen.

Welches sind die wichtigsten Fragen, die Sie während eines Interviews stellen?

Ich frage nach Erfahrungen, nach Gründen für Erfolge oder Schwierigkeiten. Aufschlussreich sind auch Antworten auf die Frage, wie jemand mit Misserfolgen umgegangen ist. Wenn jemand sagt, er habe den Misserfolg sehr schnell weggesteckt, muss ich mich fragen: Ist diese Person fähig, zu reflektieren, macht sie sich etwas vor?

Gibt es Fangfragen, um unauffällig die Persönlichkeit herauszuspüren?

Ich habe einen ersten Eindruck des Kandidaten und versuche, mit Fragen der Persönlichkeit näherzukommen und ein schärferes Bild zu gewinnen. Es kann durchaus sein, dass ich einmal eine provokative Frage stelle.

Zum Beispiel?

Etwa indem ich jemanden sehr direkt auf eine Verhaltensweise anspreche. Zum Beispiel auf einen eher weichen Händedruck, der vielleicht im Kontrast zu den Macherqualitäten steht, die ein Kandidat in den Vordergrund rückt. Eine irritierte Reaktion darauf muss nicht negativ sein. Im Gegenteil kann es ein Zeichen für Reflexionsfähigkeit sein.

Stellen Sie Fragen nach Stärken und Schwächen?

Nein, ich habe die besseren Erfahrungen damit gemacht, nach Dingen zu fragen, die jemanden «auf die Palme treiben». Oder was die Ehefrau an ihm am meisten nervt. Die Antworten darauf sind oft entwaffnend ehrlich. Es ist in Ordnung, wenn jemand Schwäche zeigt, es kommt darauf an, ob sie für eine Position relevant ist oder nicht. Ich frage auch mal nach Lebensträumen und Reisezielen.

Schlechte Frage vonseiten der Kandidaten?

Wenn jemand nach einem Thema fragt, das er aus den Medien hätte kennen können oder das auf der Firmenwebsite behandelt wird. Ich will spüren, dass sich Kandidaten gut vorbereitet und sich über das Unternehmen, die Branche und die Position des Unternehmens am Markt informiert sowie sich mit möglichen Herausforderungen auseinandergesetzt haben. Eine Todsünde ist es, Detailfragen zu stellen, die nicht auf diese Ebene gehören.

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